Wie oft hast du in deinem Leben schon den Gedanken gehabt, nicht gut genug zu sein? Ideen zurückgehalten aus Angst, dafür bewertet zu werden. Wieviel Druck auf der Brust gefühlt, wenn es darum ging, etwas zu beweisen? Und wie oft hast du versucht, der oder die Beste zu sein, hast dich ins Zeug gelegt, wenn eine andere Person dabei war, dich zu überholen, sei es auf der Straße, im Stadion oder im Job? Dass es in unserer Gesellschaft einen Wert darstellt, vor anderen zu stehen und herauszuragen aus der Masse liegt an einer tiefen Überzeugungen: Für alle reicht es nicht.
Die Erfahrung, dass unsere Grundbedürfnisse an Liebe, Schutz und Nahrung nicht selbstverständlich befriedigt werden, ist menschheitsgeschichtlich sehr alt. Spätestens mit Beginn der Sesshaftigkeit ist sie in unser Dasein getreten, ab der Zeit, als Kinder auch einmal längere Zeit abgelegt werden mussten (und konnten, weil es jetzt Häuser gab) und Vorratshaltung zum Überleben gehörte. Durch die Entscheidung, an einem Ort zu bleiben, wurde die Natur irgendwann zur Feindin – Dürren, Überschwemmungen oder Insektenplagen brachten Hunger, einseitige Nahrung Krankheiten. Sich dagegen zu versichern, hieß: vielfältige Vorräte anzuhäufen und erfinderisch darin zu sein, sie zu bewahren und zu mehren. Und: immer im Kampf um Ressourcen zu sein.
Was suchen wir denn wirklich im Erfolg?
Tatsächlich scheint es in heutigen Jäger-Sammler-Gesellschaften noch den Rest einer anderen Sicht auf die Welt zu geben, derzufolge Besitz, individuelle Leistung und damit „Arbeit“ keinen Wert an sich darstellen, wie es etwa James Suzman am Beispiel der Ju/’Hoansi-San in Namibia erforscht hat. Bei ihnen lebt, trotz deutlicher Gebietseinschränkungen, noch immer das Vertrauen, dass sich für alle das Nötige schon finden wird – wenn nicht heute, dann morgen.
Nun können wir anderen das Rad nicht zurückdrehen, und sind – auch das ist eine kulturelle Folge des Schutzbedürfnisses – längst zu viele für eine jagende und sammelnde Lebensweise. Aber wir haben inzwischen genug Technik, um gegen die Natur nicht mehr kämpfen zu müssen, auch nicht mehr gegen unsere eigene. Um diesen Kampf aufzugeben, müssen wir uns allerdings bewusstmachen, was es wirklich ist, das wir suchen, wenn wir uns selbst antreiben, mit ausgestellten Ellbogen durch die Welt pflügen und an uns raffen, was nur möglich ist. Wir müssen die Angst dahinter wahrnehmen. Und uns dafür entscheiden, sie energetisch zu lösen, nicht mit Leistung.
Was, wenn es darauf ankäme, was man gern macht?
Das erfordert am Anfang etwas Mut. Aber auf längere Sicht ist es der sehr viel einfachere und auch schönere Weg. Denn es gibt Dinge, die jeder und jedem von uns wirklich leichtfallen und die wir gerne machen. Stell dir vor, du könntest dir gestatten, diese zu deiner Lebensaufgabe zu machen statt dich zu zwingen, in Bereichen zu performen, die dich Kraft und Nerven kosten, weil dir im tiefsten Inneren alles daran fremd ist, aber du eben in das Bild hineingewachsen bist, dass man dort „sicher“ sei.
Und man muss nicht auf Jesu wundersame Brotvermehrung vertrauen, um sich von dem Gedanken des Mangels in der westlichen Gesellschaft verabschieden zu können. Es reicht, sich von der Gier zu lösen. Von dem fatalen Irrtum, dass die Fleißbienchen des Kapitalismus: Positionen und Güter in der Lage wären, innere Leere zu füllen.
Wie also würde es sich wohl anfühlen, wenn es in deiner Welt ab sofort darauf ankommen würde, was du von Natur aus gut kannst? Dass deine Arbeit darin bestehen könnte, dein Wesen zum Ausdruck zu bringen, dass nichts weiter nötig wäre als das, was ohnehin schon da ist! Eine Utopie? Alles, was man denken kann, existiert …
Versuche doch mal, diesen einen Gedanken zuzulassen: Was, wenn es doch für alle reichen würde? Wie würde die Welt dann aussehen – und dein Leben, dein Alltag? Denn da ist es ja, wo die Veränderung beginnt.
Foto: Angie Göttling über Pixabay

